Europäischer Holocaust Gedenktag für Sinti und Roma
Am 2. August jährt sich die Ermordung von 4.300 Sinti und Roma im NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau zum 80. Mal
01.08.2024
Gedenkveranstaltung mit EKHN und Diakonie Hessen am 2. August
Vor 80 Jahren, am 2. August 1944, wurden 4.300 Sinti und Roma im deutschen NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau von der SS ermordet. In Erinnerung an alle 500.000 Angehörigen der Minderheit, die im NS-besetzten Europa getötet wurden, erklärte das Europäische Parlament 2015 dieses Datum zum Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma. Am 2. August 2024 wird der 80. Jahrestag mit den letzten überlebenden Sinti und Roma mit einer zentralen internationalen Gedenkveranstaltung am Ort dieses Menschheitsverbrechens begangen.
Deshalb organisieren der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma und der Verband der Roma in Polen in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau eine Gedenkveranstaltung. Sie findet am 2. August 2024 um 12 Uhr in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau statt, gefolgt von einer Kranzniederlegung. Die EKHN und die Diakonie Hessen werden mit einem Vertreter an der Gedenkveranstaltung teilnehmen und sind darüber hinaus Mitglied im Netzwerk Sinti, Roma, Kirchen.
Der 80. Jahrestag wird von einem umfangreichen Programm mit politischen, kulturellen und wissenschaftlichen Veranstaltungen in Krakau und Oświęcim vom 31. Juli bis 2. August 2024 begleitet.
Die Gedenkveranstaltung am 2. August wird live über die Website www.roma-sinti-holocaust-memorial-day.eu/de/ gestreamt. Das Video ist dort anschließend dauerhaft mit einem breiten Informationsangebot (DE/EN/PL/Romanes) zum Holocaust an der Minderheit verfügbar. Informieren Sie sich auch gern bei den Landesverbänden, wo in Ihrer Nähe eine Gedenkveranstaltung stattfindet, an der Sie teilnehmen können!
Für den rassistischen Völkermord des NS-Regimes gebrauchen Juden und Jüdinnen weltweit den hebräischen Begriff Schoa („die Katastrophe, das große Unheil“); in Romanes, der Sprache der Sinti und Roma, gibt es dafür ein eigenes Wort: Porajmos („das Verschlingen“). Jede in Deutschland lebende Familie der Sinti und Roma hat Angehörige in den NS-Vernichtungslagern verloren. Darüber wurde insbesondere nach Ende des Zweiten Weltkrieges kaum gesprochen und schon gar nicht berichtet. Sie mussten jahrzehntelang um Anerkennung und Entschädigung für das ihnen zugefügte unbeschreibliche Leid kämpfen. Auch die deutschen Kirchen haben sich mitschuldig gemacht, indem sie halfen, Deportationslisten zu erstellen. Es dauerte Jahrzehnte, bis die Kirchen in Deutschland die Mitschuld am Völkermord an Sinti und Roma anerkannten.
Die SS hatte bereits am 16. Mai 1944 versucht, den Lagerabschnitt B II e aufzulösen und Tausende Angehörige der Minderheit in den Gaskammern zu ermorden. Diese Vernichtungsaktion wurde wegen des erbitterten Widerstands der Sinti und Roma abgebrochen – wohl auch, um zu verhindern, dass die Gegenwehr auf andere Lagerabschnitte übergreift.
Historische Erinnerung bedeutet immer auch gelebte Verantwortung für die Gegenwart. Wenn wir heute, 80 Jahre nach Kriegsende, an die NS-Verbrechen und den Holocaust erinnern, müssen wir uns gleichzeitig für Rechtsstaatlichkeit, die Rechte und Teilhabe von Minderheiten und eine lebendige Demokratie in der Gegenwart einsetzen. Die Melde- und Informationsstellen Antiziganismus (MIA) dokumentieren in ihrem 2. Jahresbericht eine deutlich Zunahme antiziganistischer Vorfälle in jüngster Zeit. Deshalb befasst sich der Jahrestag auch mit dem zunehmenden Antiziganismus, Antisemitismus und Rassismus in Europa und weltweit. Die Staaten der Welt sind aufgerufen, dem Vermächtnis von Auschwitz gerecht zu werden und diesen Entwicklungen entschieden entgegenzutreten.