Frauengesundheit vielfach gefährdet
Diakonie Hessen zum Tag der Frauengesundheit am 28. Mai
27.05.2024
Frauen brauchen mehr Entlastung
Frauen in Deutschland sind überlastet: als Mutter, Hausfrau und Arbeitnehmerin müssen sie häufig drei Berufe auf einmal ausführen. Auch mit Partner*in an der Seite, fehlt es ihnen meist an der nötigen Unterstützung. „Frauen stehen oft Tag für Tag unter großem Druck“, sagt Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen, zum Tag der Frauengesundheit am 28. Mai. „Die vielen Aufgaben wirken sich negativ auf ihre psychische und physische Gesundheit aus. Gleichzeitig sind Frauen häufig auch finanziell schlechter gestellt, was ihre Gesundheit weiter schwer belastet.“
Mutter-Kind-Kuren gefragt
Eine Folge der wachsenden Belastung der Frauen: der Bedarf an Kurmaßnahmen ist seit der Pandemie gestiegen.* Gleichzeitig sind die Wartezeiten auf einen Kurplatz länger denn je. So wurden in den Beratungsstellen der Frauen- und Familiengesundheit unter dem Dach der Diakonie Hessen im letzten Jahr 2.168 Mütter beraten und auf dem Weg zu einer Kurmaßnahme unterstützt. „Dem gestiegenen Bedarf stehen nicht genug Klinikplätze gegenüber“, sagt Rita Henning, Leiterin des Bereichs Soziale Dienstleistungen, Gesundheit und Sozialpolitik bei der Diakonie Hessen. „Die Mütter sind tief erschöpft. Unsere Berater*innen berichten von zunehmend komplexeren Fällen. Die Frauen brauchen schnellstmöglich entsprechende Maßnahmen und nicht erst in einem Jahr.“
Unter den Ratsuchenden sind überproportional viele Alleinerziehende. Sie erleben eine besonders hohe Belastung und gesundheitliche Gefährdung. Carsten Tag: „Es darf nicht sein, dass Frauen und insbesondere Alleinerziehende mit ihren Sorgen allein gelassen werden. Die Politik muss nun alles daransetzen, dass Frauen schneller Hilfe bekommen. Dafür brauchen wir eine stärkere Finanzierung der Angebote für Vorsorge und Rehabilitation. Nur so können wir unsere Beratungen und Angebote ausbauen.“
Genuss mit Nachspiel: Alkohol zur Stressbewältigung
Über 12 Prozent der Frauen zwischen 45 und 64 Jahren nehmen riskante Mengen an Alkohol zu sich.** Vielen ist dies nicht bewusst: Bereits mehr als 10g Reinalkohol pro Tag, also etwas mehr als ein Glas Wein oder eine Flasche Bier, können langfristig, folgenreiche negative Auswirkungen haben. Rita Henning: „Frauen reagieren empfindlicher auf Alkohol. Die Flucht aus dem Alltag mit einem täglichen Glas Wein zum Feierabend kann für sie ein böses Nachspiel haben.“ Besonders bei Frauen steigt dann das Risiko etwa einer Herz-Kreislauf-Erkrankung, Leberschädigungen und Krebs. „Alkoholismus von Frauen darf kein Tabu-Thema sein. Die Gesundheit und das Wohlbefinden stehen auf dem Spiel. Umso wichtiger ist es, Frauen in einem frühen Stadium zu informieren. Dafür braucht es mehr Beratungsstellen vor Ort mit einer gesicherten Finanzierung.“
Gesundheitsgefährdend: Frauen haben ein größeres Armutsrisiko
Eine große Belastung für die Gesundheit der Frauen ist Armut. Das Risiko von Frauen im Laufe ihres Lebens von Armut betroffen zu sein, ist deutlich höher als das von Männern. So ist etwa jede fünfte Frau von Altersarmut betroffen. Rita Henning: „Sind Frauen erschöpft von der Belastung von Familie und Beruf, stellen viele ihre Arbeit zurück – sei es, indem sie ihre Arbeitszeit reduzieren, weniger anspruchsvolle Tätigkeiten wählen oder sogar ganz aus dem Beruf ausscheiden. Dies wirkt sich auf das Einkommen und später im Alter in der Rente aus. Und einmal finanziell abgerutscht, ist ihre Gesundheit wiederum durch die Auswirkungen der Armut gefährdet.“ So leiden armutsbetroffene Frauen etwa unter dauerhaftem Stress und ihre Atemwege sowie Herz-Kreislauf-Systeme sind stärker belastet. Ausgelöst werde dies durch die prekäre Einkommenssituation, fehlenden Möglichkeiten für gesunde, abwechslungsreiche Ernährung und schlechtere Wohnsituationen.
„Frauen leisten einen großen Beitrag für unsere Gesellschaft“, so der Vorstandsvorsitzende Carsten Tag. „Wir müssen alles daransetzen, dass der Lohn für ihren Einsatz nicht die Gesundheit ist. Frauen und insbesondere Mütter brauchen unsere Aufmerksamkeit und Unterstützung – in all ihren Lebenszeiten und den unterschiedlichen Anforderungen. Und nicht erst dann, wenn es zu spät ist und sie Angebote der Regeneration bedürfen. Damit dies gelingt, müssen wir alle zusammen an einem Strang ziehen. Denn die Entlastung der Frauen und die Erhaltung ihrer Gesundheit ist eine Gemeinschaftsaufgabe.“
Forderungen der Diakonie Hessen im Überblick
- Kürzere Wartezeiten bei Mutter-Kind-Kuren
- Sicherstellung, Stärkung und Ausbau bestehender stationärer Angebote für Vorsorge- und Rehabilitation (nach §§ 24,41 SGBV) für Mütter/Mutter-Kind-Maßnahmen
- Entstigmatisierung von Suchterkrankungen und Finanzierung von Suchtberatung als Pflichtleistung der kommunalen Daseinsvorsorge
- Anerkennung von Sorgezeit bei der gesetzlichen Rentenversicherung über die bisher geltende Regelung hinaus
- Steuerliche Besserstellung von Alleinerziehenden und Abschaffung des Ehegatten-Splitting