Drogenabhängige brauchen Hilfe, keine Häme
Diakonie Hessen fordert respektvollen Umgang mit Betroffenen / Drogenkonsum mit Aufklärung bekämpfen / Welt-Drogentag am 26. Juni
25.06.2024
Mehr über die Gefahren aufklären
Die Aufregung zur Europameisterschaft über die Zustände in den Bahnhofsvierteln von Frankfurt und anderen Städten hat gezeigt: drogenabhängige Menschen werden immer wieder stigmatisiert und gar als „Zombies“ diffamiert. „Es hilft nicht weiter, mit dem Finger auf Menschen zu zeigen, die an einer Suchtkrankheit leiden“, sagt Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen. „Wir fordern einen respekt- und würdevollen Umgang mit drogenabhängigen Menschen. Was diese Menschen brauchen, ist Hilfe.“ Zum Weltdrogentag am 26. Juni ruft die Diakonie Hessen zudem dazu auf, die Suchtprävention auszubauen. „Viele steigen mit legalen Drogen wie Alkohol und Cannabis ein“, erläutert Nathalie Bonnet, Referentin für Suchtfragen bei der Diakonie Hessen. „Doch wenn der Kick nicht mehr ausreicht, ist die Hemmschwelle niedrig, auch zu illegalen Drogen wie Crystal Meth, Speed, Ecstasy und Kokain zu greifen. Wer einmal mit diesen Drogen angefangen hat, kommt meist ohne Hilfe nicht mehr davon los. Wir müssen noch mehr über die Gefahren von legalen und illegalen Suchtmitteln aufklären und diese Präventionsmaßnahmen in Bildungseinrichtungen etablieren.“
Drogenabhängigkeit ist ein gesellschaftliches Problem
Viele Drogen werden mittlerweile durch leicht herstellbare synthetische Opioide ausgetauscht, die ein Vielfaches stärker wirken und irreversible körperliche Schäden verursachen. So hat das Schmerzmittel Fentanyl die 50- bis 100-fache Potenz von Heroin. Manch andere sogenannte „research chemicals“ sind in der Wirkung sogar 1000- bis 7000-fach stärker als Heroin. Nathalie Bonnet: „Mit den synthetischen Drogen, die für viele harmlos wirken und so einfach einzunehmen sind, kann es schnell zu einer Abhängigkeit und zu einer dauerhaften Gesundheitsgefährdung bis hin zum Tod in Folge einer Überdosierung kommen. Es herrscht vielfach noch der Aberglaube vor, dass eine Abhängigkeit ein individuelles Problem von Charakter- oder Willensschwäche sei. Alkohol- und Cannabiskonsum sind gesellschaftlich akzeptiert. Dies zeigt sich gerade zur Fußball-EM, wo auch manchmal ein Bier zu viel getrunken wird. Es sollte uns bewusst sein: Alle, die regelmäßig Suchtmittel konsumieren, können abhängig werden und in eine solche Situation geraten, wie die Menschen, die sich in den Bahnhofsvierteln aufhalten.“
Suchtberatung ausreichend finanzieren
Die Diakonie Hessen setzt sich mit über 100 stationären, ambulanten und teilstationären Einrichtungen sowie Angeboten der Selbsthilfe für suchtkranke Menschen ein. Dabei kommen neben öffentlichen Mitteln auch Kirchenmittel und Spenden aus Kollekten zum Einsatz. „Es geht um die Gesundheit und das Leben von Menschen“, sagt Carsten Tag weiter. „Das niedrigschwellige Angebot einer Suchtberatungsstelle ist oft der erste Schritt in ein suchtfreies Leben. Wir brauchen eine auskömmliche Finanzierung für unsere Beratungsangebote. Nur so können wir dauerhaft helfen und besser über die Gefahren von Suchterkrankungen informieren und sensibilisieren. Wir fordern die Kommunen auf, Suchtberatung als Pflichtleistung der kommunalen Daseinsvorsorge zu verstehen und entsprechend zu finanzieren. Drogenabhängigkeit ist ein gesellschaftliches Problem.“
Zum Welt-Drogentag
Die Vereinten Nationen haben 1990 den 26. Juni zum „Internationalen Tag gegen Drogenmissbrauch und illegalen Drogenhandel“ erklärt (kurz: Welt-Drogentag). Der „Welt-Drogentag“ erinnert daran, dass sowohl legale wie auch illegale Drogen ein großes Problem für unsere Gesellschaft sind. Pro Jahr konsumieren weltweit über 270 Millionen Menschen illegale Drogen. In Deutschland sind Heroin und Kokain die zwei schädlichsten Substanzen. Tabak und Alkohol als legale Drogen rangieren auf Platz 7 und 8. Mit Tabakprodukten wurden in Deutschland 2021 rund 29 Milliarden Euro und mit Alkoholika rund 36 Milliarden Euro umgesetzt.
2.227 Menschen sind laut Weltdrogenbericht 2023 in Deutschland an Drogen gestorben - fast 250 Menschen mehr als noch ein Jahr zuvor. In Hessen sind 119 Menschen in Folge von Drogenkonsum gestorben.