Care-Arbeit braucht Anerkennung
Equal Care Day am 29. Februar: Sorgearbeit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
27.02.2024
Care-Arbeit ist eine soziale und gesamtgesellschaftliche Arbeit
Wer sich um seine Kinder oder um zu pflegende An- und Zugehörige kümmert und nicht zusätzlich voll im Beruf steht, muss in der so genannten Care-Zeit und später in der Rente oft finanzielle Abstriche hinnehmen. Besonders Frauen haben ein größeres Armutsrisiko, da sie noch immer die meiste Sorgearbeit leisten. Carsten Tag, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Hessen, weist zum Equal Care Day am 29. Februar auf diese Ungerechtigkeit hin und sagt. „Die jetzigen Rahmenbedingungen zeigen, dass Sorgearbeit als Leistung ohne Entgelt und ohne soziale Absicherung von der Gesellschaft, den Arbeitgebenden und der Politik geringgeschätzt wird. Dies muss sich endlich ändern.“
Care-Arbeit anerkennen und bezahlen
Wer Sorgearbeit leistet – egal ob für Kinder oder zu pflegende An- und Zugehörige – den erwarten zurzeit neben dem ohnehin niedrigeren Entgelt bei einer reduzierten Arbeitszeit und Unterbrechungen im Erwerbsleben im Alter zudem oft auch geringere Rentenansprüche. Besonders in der Pflege versuchen viele die akuten, finanziellen Einbußen durch das Pflegegeld zu kompensieren und verzichten daher eher auf professionelle Unterstützung. „Frauen, die Care-Arbeit leisten, befinden sich oft in einem Teufelskreis”, sagt Gabriele Hösl-Brunner, Referentin für gemeinwesenorientierte Altenarbeit. „Für sorgende Menschen gibt es viel zu wenige oder zu geringe finanzielle Ausgleichszahlungen.“ So besteht etwa nach dem Pflegezeitgesetz die Möglichkeit, sich bis zu sechs Monate für die Pflege eines An- und Zugehörigen freistellen zu lassen. Gabriele Hösl-Brunner: „In dieser Zeit sind Pflegende finanziell nicht abgesichert. Ein zinsloses Darlehen zur Überbrückung der Erwerbslücke, so wie es das Pflegezeitgesetz derzeit vorsieht, kann keine Alternative zu einem regulären Entgelt und der Anrechnung von Rentenpunkten sein. Dieses Angebot vergrößert nur die Not der Pflegenden.“ Da Frauen oft noch immer weniger verdienen als Männer, gingen vor allem sie dieses finanzielle Risiko ein.
Diakonie Hessen fordert: Pflegesystem und Ansehen der Sorgearbeit stärken
„Care-Arbeit ist eine soziale und gesamtgesellschaftliche Aufgabe”, sagt Julia Maas, Referentin für Frauenförderung bei der Diakonie Hessen. „Ein Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit und Gleichstellung ist, häusliche Sorgearbeit fair zu bezahlen.“ So fordert die Diakonie Hessen etwa eine Pflegezeit, die mit einer entsprechenden Entgeltersatzleistung honoriert wird, die an Inflation und Lohnentwicklung angepasst ist. Sie soll zudem flexibel an die jeweilige Lebenssituation anpassbar sein und für die Rente in jedem Fall angerechnet werden. Auch die geringe Inanspruchnahme des Elterngelds durch Väter habe gezeigt, dass Sorgearbeit für Männer noch immer unattraktiv ist. Julia Maas: „Wollen wir die Situation der Frauen stärken, müssen wir auch das Ansehen der Care-Arbeit fördern. Damit dies gelingt, müssen wir alle an einem Strang ziehen.”
Der Vorstandsvorsitzende Carsten Tag appelliert daher an Politik und Arbeitgeber*innen: „Tragen Sie dazu bei, dass Menschen, die Sorgearbeit leisten, nicht ins Abseits geraten. Schaffen Sie Strukturen, die Care-Arbeit entlasten, und helfen Sie so, dass unsere Gesellschaft menschlich bleibt.“
Der Appell der Diakonie Hessen zum Equal Care Day:
- Care-Arbeit muss als Erwerbsarbeit gleichwertig anerkannt und bezahlt werden. Dies kann ein Anreiz für eine gerechtere Verteilung von Sorgearbeit im Sinne der Gleichstellung und Geschlechtergerechtigkeit sein.
- Der finanzielle Ausgleich für Sorgeleistungen muss regelhaft an Inflation und Lohnentwicklungen angepasst werden.
- Altersarmut verhindern durch Anerkennung bei der gesetzlichen Rentenversicherung – auch über die bisher geltende Regelung hinaus. (Zur Seite der Deutschen Rentenversicherung)
Diakonie Hessen unterstützt Gleichstellung
Gleichstellung ist bundesweit ein Thema in der Diakonie. 2019 hat die Diakonie Deutschland einen Gleichstellungsatlas auf Grundlage einer Abfrage auf Bundesebene veröffentlicht. Seit 2016 orientiert sich die Diakonie am Corporate Governance Kodex und strebt damit eine geschlechtergerechte Zusammensetzung von Gremien, Organen und Leitungsstellen an. Dazu soll bis 2026 ein Mindestanteil von jeweils 40 Prozent Frauen und Männern umgesetzt sein.
Die Diakonie Hessen unterstützt seit 2021 ein eigenes Projekt zur Frauenförderung „f3 – frauen fördern führung“, das von dem Netzwerk „FiF – Frauen in Führung in der Diakonie Hessen“, einem Zusammenschluss aus Frauen in obersten Führungspositionen, auf den Weg gebracht wurde und begleitet wird. Der Wohlfahrtsverband bietet spezielle Fortbildungen an, um Frauen auf höhere Führungspositionen vorzubereiten. Zusammen mit der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck hat die Diakonie Hessen ein so genanntes „Cross-Mentoring-Programm“ realisiert. Etablierte Führungskräfte begleiten und unterstützen Frauen auf ihrem Weg zu einer obersten Führungsposition. Mit dem Projekt „f³“ nimmt die Diakonie Hessen eine Vorreiterrolle ein, indem sie sich gezielt für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf den oberen Führungsebenen einsetzt.